Die Sage der wandernden Mutter Gottes

Kategorie: Dies & Das, Donaustadt

Tags: Donau / Donaustadt / Floridsdorf / Geschichte / Lobau

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Diese Sage beginnt zwar in Floridsdorf. Aber es war angeblich ein Stadlauer Müller, der zum Schluss in Witttau gerettet wurde. Hier finden Sie die ganze Story inklusive Hintergrund-Fakten beziehungsweise Theorien.

Aus „Wiener Sagen“ von Brigitte Weninger und Jakob Kirchmayr.


In alter Zeit war die Donau noch nicht reguliert, sondern in zahlreiche Arme aufgefächert, die sich munter durch Wien und seine Vorstädte schlängelten. Aus diesen Lebensadern wurde das Wasser für Haus und Hof entnommen. Mit Donauwasser wurden Waren geflößt, Getreide gemahlen, Fische gefangen, Wäsche gewaschen und noch vieles mehr.

Die Menschen liebten die Donau, aber fürchteten sie auch – vor allem im Spätwinter, wenn sich das Schmelzwasser hinter den treibenden Eisschollen staute und dann alles mit sich riss, was nicht in Sicherheit gebracht werden konnte.

Auch im Winter des Jahres 1782 bildete sich in der Nähe von Floridsdorf so ein gefährlicher Eisstoß, der langsam donauabwärts trieb und dabei Brücken, Hütten und Mühlen zerstörte. Die Bewohner der Donaustadt versuchten, die krachenden Eismassen mit Eisenhakenbewehrten Stangen in Bewegung zu halten, als plötzlich ein Kind aufschrie und aufgeregt in die Flussmitte zeigte: ››Schauts. Da steht wer!‹‹

Tatsächlich sahen nun alle eine Eisscholle herantreiben, auf der eine schlanke, hohe Gestalt zu stehen schien. Doch beim Näher driften erkannte man schnell, dass das kein Mensch, sondern eine Marienstatue war. Einige Männer versuchten, das Muttergottesbildnis zu bergen, aber es war nicht zu erreichen. Und so trieb es auf den sulzigen Fluten weiter bis kurz vor Wittau, wo es dann mitten im Strom bewegungslos stehen blieb.

Alle Bewohner des Dörfchens Wittau standen ergriffen am Ufer und bestaunten diese wundersame Erscheinung, als bald danach eine weitere Eisscholle angeschwommen kam. Auf dieser lag ein völlig durchgefrorener und halb bewusstloser Mann. Es war ein Müller, der bei Stadlau ausgerutscht und ins Wasser gestürzt war und sich mit letzter Kraft ans Treibeis hatte klammern können.

Die Scholle des Müllers trieb genau auf das Eisstück mit der Muttergottes zu und versetzte ihr einen kleinen Stoß, sodass nun beide in Ufernähe gelangten. Jetzt sprangen einige unerschrockene Wittauer Bauern ins Wasser und brachten die heilige Maria und den durchnässten Müller sicher an Land.

››Wan i des überleb‹‹, stammelte der Gerettete, ››dann bau i der Maria da a Haus!‹‹

››Wenn wir nicht wissen, woher wir kommen, wie sollen wir dann wissen, wohin wirr gehen?‹‹

Und weil der Müller tatsächlich kaum Schaden genommen hatte, erfüllte er noch im selben Jahr sein Gelöbnis und errichtete gemeinsam mit den dankbaren Wittauern die heutige Bründlkapelle, in der die ››wandernde Mutter Gottes‹‹ am Altar aufgeteilt wurde.


Sage versus Geschichte

Die Sage spricht vom Jahr 1782, die Inschrift auf der Kapelle jedoch 1732.

Die Inschrift am Sockel der Marienstatue trägt die Aufschrift „1 · 6 · 4 · 9 JAHR“.
Meine Theorie: Während der Überlieferung hat sich ein Schreibfehler eingeschlichen: aus 3 wird 8?


Zu größeren Eisstößen kamen es in den 30er und 80er Jahren dieses Jahrhunderts.


In Google Maps findet man die Kapelle unter Marterl Heilige Maria. Bei starker Vergrößerung des Fotos mit Blick in die Kapelle kann man die Jahreszahl 1949 erkennen (siehe auch unten bei der korrigierten Beschreibung).


Es gibt eine zweite „Bründlkapelle“ (♁Standort) in der Nachbargemeinde Probstdorf!


Im Wikipedia Eintrag denkmalgeschützte Objekte Groß-Enzersdorf steht fälschlicherweise die Beschreibung der Wittauer Kapelle neben dem Bild der Probstdorfer Kapelle. Der nächste Absatz zeigt die von mir korrigierte, richtige Beschreibung:


„Die mit 1732 bezeichnete Bründlkapelle westlich von Probstdorf Wittau ist eine kleine barocke, rund geschlossene Wegkapelle, die in ihrem Inneren auf einem Sockel eine barocke Marienfigur beherbergt, die inschriftlich mit 16441649 bezeichnet ist. Das Äußere der Kapelle ist durch Lisenen gegliedert. Über ihrem umlaufenden Gesims erhebt sich ein geschwungener Giebel.“

Liebe Grüße und bleibts gsund!

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